Selbstverständnis und Grundsätze der Arbeit im Lühlerheim

Unsere Angebote leisten Hilfe zur Selbsthilfe und verbinden fachlich qualifizierte Arbeit mit Respekt, Verständnis und Einfühlvermögen in die Klientensituation.

Grundlagen unserer Arbeit

Unser Selbstverständnis

Unser diakonisches Selbstverständnis verpflichtet uns zur Solidarität mit den Menschen, die sich uns anvertrauen. Diese Verpflichtung ist auch unser Grundauftrag: Auf der Basis christlichen Glaubens und christlicher Nächstenliebe eröffnen wir Menschen in Lebenskrisen neue Perspektiven. Unsere Hauptaufgabe besteht darin, zur Sicherung ihrer Grundbedürfnisse beizutragen und ihr Wohlergehen nachhaltig zu fördern. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.

Professionelles Arbeiten bedeutet für uns: Neben rationaler Planung und Verantwortung muss jede Hilfestellung von Empathie geleitet sein. Es gilt, die Sorgen, Nöte und mögliche Ängste des Klienten ernst zu nehmen, Mitgefühl für seine Notlage zu zeigen, Verständnis für Widersprüchlichkeiten und Schwächen zu haben und seine Stärken wahrzunehmen.

In diesem Sinne bestimmen die nachfolgenden Prinzipien unsere Haltung gegenüber den Klienten; sie sind verpflichtend für alle Mitarbeiter im Lühlerheim:

  • Achtung der Würde und Wertschätzung jeder Person
  • Wichtigkeit menschlicher Beziehungen
  • soziale Gerechtigkeit
  • christlicher Glaube
  • Integrität
  • Kompetenz
  • anwaltschaftliches Engagement  

Unser Problemverständnis

Lühlerheim steht in der Tradition der „christlichen Wanderarmenhilfe“, die sich später „Nichtsesshaftenhilfe“ nannte. Heute sprechen wir von „Wohnungslosen- oder Gefährdetenhilfe“. Aus gutem Grund: Diese Bezeichnungen machen die schwierige Lebenslage der Betroffenen deutlich, während der Begriff „Nichtsesshafte“ das Problem als – negativ besetztes – Persönlichkeitsmerkmal darstellt und damit stigmatisierend wirkt. 

Den Betroffenen fehlen die Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben; die dafür benötigten Mittel werden ihnen noch immer zu oft vorenthalten oder nur für einen (häufig zu) kurzen Zeitraum gewährt. Vor diesem Hintergrund kommt unserer Arbeit eine Brückenfunktion zu – mit dem Ziel, Zugänge zu den Leistungen der sozialen Sicherungssysteme zu eröffnen. Dazu arbeiten wir in vielen Bereichen mit externen Partnern zusammen.

Unsere Grundsätze

Unser Leitbild, Selbst- und Problemverständnis bilden zusammen den Rahmen für unsere Arbeit mit folgenden Grundsätzen für unser Handeln.

Klientenorientierung

Der Klient ist unser Auftraggeber. Wir verstehen uns als Unterstützer und Aktivierende. Inhalt und Ausgestaltung der Hilfen richten sich nach seinen persönlichen Bedürfnissen, Interessen und Vorstellungen. Gewünschte Angebote, die wir nicht vorhalten, prüfen wir auf Eignung und Realisierbarkeit und bieten diese nach Möglichkeit an. 

 

Konzentration auf die Ressourcen

Ebenso wie jeder Mensch Ideen für sein Leben hat, hat er auch Entwicklungspotenzial. Daher konzentrieren sich unsere Hilfen auf die vorhandenen individuellen Fähigkeiten und Stärken. Als weitere mögliche Kraftquellen haben wir auch das soziale Bezugssystem und den Sozialraum des Klienten im Blick. Was eine Ressource sein kann, bestimmen jedoch nicht wir, sondern der Klient selbst.

 

Eigeninitiative und Selbsthilfe

Wir unterstützen den Klienten bei der Aktivierung seiner eigenen Möglichkeiten, motivieren ihn und fordern ihn auf, selbst Maßnahmen zu ergreifen, um seinen eigenen Vorstellungen im konkreten Alltag schrittweise näher zu kommen.

 

Selbstbestimmung und Partizipation

Jeder Klient hat das Recht auf Selbstbestimmung. Er entscheidet selbst, welche Hilfe er annimmt oder ablehnt. Er steht im Mittelpunkt des Planungsprozesses und legt unter Berücksichtigung seiner Potenziale mit uns gemeinsam die Ziele fest.

 

Selbstbestimmung hat jedoch auch Grenzen: nämlich dann, wenn die Durchsetzung von Eigeninteressen des Wohlbefinden anderer beeinträchtigt und die Gemeinschaft gefährdet.

 

Selbstbestimmung beinhaltet Selbstverantwortung. Dazu gehört auch die Verpflichtung zur Mitwirkung am Hilfeprozess. Lehnt der Klient etwa die Zusammenarbeit mit dem Sozialen Dienst oder die Aufnahme einer tagesstrukturierenden Tätigkeit unbegründet sowie durchweg ab und zeigt er keinerlei Bereitschaft zu einer ihm möglichen Mitwirkung, sehen wir den Hilfeprozess gefährdet und seinen Anspruch auf Sozialleistungen und Hilfestellung in unserer Einrichtung als verwirkt.

 

Privatsphäre

Unsere Klienten haben ein Recht auf einen geschützten Raum für sich, in den sie sich zurückziehen können, und wo ihr Schutz gewährleistet ist.

 

Normalitätsprinzip

Wir wollen die soziale Ausgrenzung der Betroffenen durch den Aufenthalt bei uns nicht verstärken. Daher versuchen wir, die Rahmenbedingungen des Lebens in unserer Einrichtung so weit wie möglich dem außerhalb üblichen Alltag anzugleichen.

Rechtsansprüche, die den Klienten soziale Teilhabe und Lebensnormalität ermöglichen sollen (wie z.B. ALG I/II, SGB IX u.a.) bleiben ihnen während ihres Aufenthalts im Lühlerheim erhalten. 

 

Individualitäts- und Bedarfsdeckungsprinzip

Im Lühlerheim gibt es kein pauschales, für alle Klienten gleichartiges „Hilfepaket“. Stattdessen richtet sich jedes Angebot nach der individuellen Notlage des Betroffenen, seinen Bedürfnissen sowie seinen konkreten Potenzialen und Ressourcen.

 

Sozialarbeit als Rechtsverwirklichung

Unsere Unterstützung ist kein Almosen, sondern eine professionelle Dienstleistung, auf die der Klient einen Rechtsanspruch hat – unabhängig von den Gründen, die zu seiner Notlage geführt haben. Auch bei sog. „eigenem Verschulden“ gilt dieser Anspruch. Ein wesentlicher Teil unserer Hilfe besteht auch darin, den Klienten über seine Rechte (gemäß Sozialgesetzbuch) aufzuklären und bei der Durchsetzung gegenüber den zuständigen Leistungsträgern zu unterstützen. Diese Dienstleistungen erbringen speziell qualifizierte und erfahrene sozialarbeiterische/sozialpädagogische Fachkräfte.

 

Rechtsverbindlichkeit

Die Rechtsbeziehung zwischen Klient als Leistungsempfänger, Lühlerheim als Leistungsanbieter und zuständigem Leistungsträger der Maßnahme wird durch Abschluss eines Betreuungsvertrags eindeutig und rechtsverbindlich geregelt. Dieser Vertrag regelt konkret auch die persönlichen Hilfen, das Wohnen und das Zusammenleben in der Einrichtung. Die Hausordnung ist ebenfalls Bestandteil dieses Vertrags.

Verweise, Abmahnungen und Kündigungen erfolgen schriftlich durch die Einrichtungsleitung; erforderlichenfalls leitet diese auch ordnungsrechtliche Maßnahmen ein.